1. Personale oder persönliche Konflikte
Sicher kennen Sie das! Menschen hegen eine gegenseitige Sympathie oder Antipathie: Die Person ist mir zu ruhig, zu laut, zu distanziert, zu emotional, zu sachlich … Persönliche Abneigungen, die auf unterschiedliche Persönlichkeitsstrukturen und Temperamente zurückzuführen sind, können ebenso wie unterschiedliche Herangehensweisen oder Arbeitsstilen zu personalen Konflikten führen.
Auf der persönlichen Ebene gibt es sehr häufig Beziehungskonflikte, also zwischenmenschliche Beziehungsstörungen. Das Gegenüber fühlt sich zum Beispiel nicht wertgeschätzt, gesehen oder respektlos behandelt. Das sind typische
Kommunikationsstörungen, die harmlos beginnen, sich aber aufgrund unserer selektiven Wahrnehmung schnell aufschaukeln können.
Kommunikationsstörungen dieser Art führen häufig zu persönlichen Konflikten, die eben auch mit den unterschiedlichen Persönlichkeitsstrukturen und den damit persönlichen Bedürfnissen einhergehen.
Neben Missverständnissen, sind u.a. Enttäuschungen, Neid, Macht, weitere Aspekte, die die Kommunikation, die Wortwahl oder den Ton beeinflussen und den Konflikt befeuern können.
Interventionen
Wirksam ist es, Unterschiede herauszuarbeiten, z.B. mit Hilfe von Persönlichkeitsstrukturanalysen und Präferenzprofilen. Hierfür nutze ich das computerunterstützte Analyse- und Trainingsprogramm Insights Discovery. Damit lassen sich unterschiedliche Persönlichkeitsstrukturen darstellen, die zu mehr Toleranz in der Diversität, einem besseren gegenseitigem Verständnis führen und zu mehr Akzeptanz beitragen.
Wichtig ist, Verletzungen und Bedürfnisse beider Parteien zu hören, ernst zu nehmen und für beide Seiten verständlich zu machen. Auch gilt es, Fehlinterpretationen aufzuklären und sichtbar zu machen. Hier braucht es als externe Begleitung eine hohe Achtsamkeit in der Wortwahl. Es gilt, Reizworte zu vermeiden. Vielmehr hilft es Worte umzudeuten, ohne den Inhalt zu verfälschen, Inhalte zu wiederholen und für eine gute verständliche gegenseitige Kommunikation zu sorgen.
Was trägt noch zur Überwindung des Konflikts bei? Klare Kompetenz- und Verantwortungsbereiche schaffen, Offenheit und Vertrauen fördern, Unstimmigkeiten aufgreifen und zur Sprache bringen. Sehr häufig kommen hier klassische Meditationsverfahren zum Einsatz, ebenso klärende Workshop-Formate, in denen gegenseitige Erwartungen und die Form der Zusammenarbeit Raum finden.
Nachdem die Themen emotional vertieft und geklärt wurden, ist es wichtig, wesentliche Vereinbarungen schriftlich zu fixieren. In einem aktuellen komplexen Fall wurde u.a. gegenseitige Anerkennung der Kompetenzen und Leistungen, was einhergeht mit gegenseitiger Wertschätzung, einem respektvollen Umgang und gleichzeitig dem Anspruch, Differenzen zeitnah anzusprechen und zu klären, festgehalten. So wurden Persönlichkeitsstrukturen und individuelle Bedürfnisse aufgegriffen und der Umgang untereinander konnte geklärt werden.
Es braucht: Kommunikation, Kommunikation, Kommunikation!
2. Materielle Konflikte
Hierbei handelt es sich um klassische Sachkonflikte, die mit unklaren Kompetenzverteilungen oder unklaren Zielen und Aufgabenbereichen zusammenhängen können. Dazu zählen zum Beispiel Verteilungskonflikte, bei dem das Geben und Nehmen gefühlt nicht im Einklang stehen: Wer erhält welche Budgets und warum? Auch zeitliche Überlastungen, Personalmangel (Ressourcenkonflikte) und z.B. nicht eingehaltene Rechtsvorschriften können das Entstehen eines solchen Konflikts begünstigen.
Interventionen
Im Fokus stehen sach- und ergebnisorientierte Verhandlungen. Im Rahmen eines aktuellen Auftrages brauchte es beispielsweise die Klärung von Befugnissen. Manchmal reichen einfache Regelwerke für den Informationsfluss: Vereinbart werden sollte, wer wann, wie und wo eingebunden ist und wann eben auch nicht und warum. Materielle Konflikte sind vielfältig; es braucht daher klare Regelungen von Mehrarbeit, Vertretungsaufgaben, Sondervergütungen und Nachbesetzungen. Die Kunst ist es, die Themen hinter den Themen herauszufiltern und das eine vom anderen trennen zu können.
Oft stehen materielle Konflikte im Vordergrund, doch dahinter verbergen sich weitere tieferliegende Konfliktbereiche.
Ich erhielt den Auftrag, drei Gesellschafter im Rahmen eines Gesellschafterwechsels zu beraten. Ein wesentlicher Aspekt war es, alle anstehenden Geschäftsführeraufgaben zu verteilen. Ich dachte zuerst, was die Schwierigkeit dahinter ist und wurde hellhörig: Es ging um eine gleichmäßige Belastung und der Klärung der Wertigkeit der Aufgaben für das aktive Geschäft. Wer leistet wieviel und bringt sich mit welchen Kompetenzen und Fähigkeiten ein? Haben Controlling-Aufgaben den gleichen Wert wie das aktive Projektgeschäft, und von welche Aufgaben kann man sich auch entlasten? So kam es zur Klärung von Beziehungsthemen und im Weiteren auch zu strukturellen Themenstellungen.
3. Strukturelle Konflikte
Hierzu zählen Rollenkonflikte, also an die Rolle gebundene Erwartungen, die schnell zu Konflikten führen können. Das kann mit dem Führungsstil bzw. Führungsverständnis zusammenhängen. Neben klassischen Führungsstilen (direktiv, kooperativ, laissez-fair) halten moderne Ansätze (transaktional, transformational, agil, partizipativ, vernetzt oder innovativ) Einzug und führen zu Klärungsbedarfen, wie die Rolle ausgefüllt werden soll. Gerne wird am eigenen Maßstab gemessen, was es nicht einfacher macht. Aber auch klassische Rollenkonflikte, wie z.B. zwischen Geschäftsleitung/Führungskräften und Betriebsräten und damit verbundene Interessenkonflikte, zählen dazu.
Schnittstellenproblematiken und Change-Themen fallen auch in den Bereich der strukturellen Konflikte. Alles das, was übergeordnet mit Organisationsentwicklung zusammenhängt, lässt sich hierunter verorten.
Interventionen
Eine wirksame Methode ist der Perspektivwechsel: Indem sich die Beteiligten gedanklich in den anderen hineinversetzen der indem sie wirklich die Plätze tauschen und sich auf den Stuhl des anderen setzen, entwickeln sie Verständnis und Empathie füreinander. Wichtig ist auch, genau hinzuschauen, welche Rollen- und Interessenkonflikte bestehen und welche Bedürfnisse jede Seite hat. Dann ist es ratsam, die Beteiligten einzubinden, um Rollenerwartungen kritisch zu überprüfen und gemeinsam Kriterien für mögliche Entscheidungen zu definieren.
Im angeführten Beispiel greifen die Themen ineinander. Nachdem grundlegende Beziehungen geklärt werden konnten und Aufgabenstrukturen klar vereinbart wurden, haben wir auch Kriterien für Entscheidungen konkretisiert. So zum Beispiel, dass bei Vorgängen oder Aufgaben, die die Geschäftsführungsaufgaben tangieren, Entscheidungsvorlagen vor dem jeweiligen Jour-Fix zur Verfügung gestellt werden. Eine weitere Vereinbarung lautete, dass Beschlüsse möglichst im Konsens getroffen, andernfalls vertagt werden. Dieser Klärungsprozess braucht viel Einfühlungsvermögen und eine hohe Bereitschaft, sich aufeinander einzulassen und die andere Seite wirklich verstehen zu wollen.
So konnte hier gut austariert werden, wie man sich innerhalb der Geschäftsführung Wachstum vorstellt und wo man sich eben auch auf das stabile Fundament des Unternehmens verlassen möchte.
Die Beteiligten können so aufeinander zugehen, statt auf der eigenen Position zu beharren. Eine lösungsorientierte Vorgehensweise ist essentiell.
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Fazit
Aus meiner Sicht erfordern Konfliktberatungen in Organisationen einen systemischen Blick, der über die zwischenmenschlichen Phänomene weit hinausführt. Einfache Ursache- Wirkungs-Prinzipien wären viel zu kurzgefasst. Insbesondere bei komplexen Konflikten ist es die Kunst des Beraters, diese differenziert zu diagnostizieren, zu spiegeln und geeignete Interventionen in der richtigen Reihenfolge mit den richtigen Beteiligten vorzuschlagen.
Auch eine Doppel-Moderation kann für eine solche komplexe Konfliktsituation hilfreich sein. Denn: Vier Augen sehen mehr – von dem was zwischen den Teilnehmern untereinander, aber auch zwischen Teilnehmenden und dem Moderator abläuft.
Sofern Sie in einer solchen komplexen Konfliktsituation verstrickt sind oder das Gefühl haben, dass sich mehrere Themen vermischt haben, kommen Sie gerne auf uns zu.